Mikrofoncharakteristiken (Richtcharakteristiken)


Eines der Hauptunterscheidungsmerkmale von Mikrofonen ist, neben der Art der Schallwandlung, die Richtcharakteristik. Diese sagt aus, wie Stark das Mikrofon Schall aus einer bestimmten Richtung aufnimmt. Diese Charakteristiken werden oft als Polardiagramme dargestellt.

Kugel

Kugelmikrofone gehören zu den Druckempfängern und zeichnen sich dadurch aus, dass sie Schall von allen Seiten gleich laut aufnehmen.

Bei einem Druckempfänger ist eine Membran vor ein abgeschlossenes Luftvolumen aufgespannt. Der Luftdruck auf der Innenseite der Mikrofonkapsel ist somit immer konstant, während sich der Luftdruck auf der Außenseite abhängig vom eintreffenden Schall ändert. Durch diesen Druckunterschied wird die Mikrofonmembran ausgelenkt.

Druckempfänger nehmen grundsätzlich Schall aus allen Richtungen gleich gut auf, weshalb man von einer Richtcharakteristik “Kugel” spricht.

Kugelmikrofone eignen sich gut für Laufzeit-Stereofonieverfahren wie die AB-Stereofonie.

Kugelmikrofon
Kugelmikrofon: Keine Seitlichen Bohrungen
Richtcharakteristik eines Kugelmikrofones
Galak76, CC BY-SA 3.0, via Wikimedia Commons

Niere

Nierenmikrofone gehören zu den Druckgradientenempfängern. 

Im Gegensatz zu den Druckempfängern ist es hier für den Schall möglich, durch spezielle Bohrungen in der Mikrofonkapsel auch auf die Membraninnenseite zu gelangen. Die Auslenkung der Membran ist abhängig vom Druckunterschied (=Druckgradient) zwischen Vorder- und Rückseite.

Ein Nierenmikrofon lässt sich somit optisch von einer Kugel dadurch unterscheiden, dass an der Niere seitliche Öffnungen an der Kapsel sind.

Die Bezeichnung Niere kommt von der Form des Polardiagramms, die ein Druckgradienten Empfänger hat. Der Schall wird hier selektiv nur von vorn und den Seiten aufgenommen. Schall von hinten wird gedämpft.

Nieremikrofon
Nierenmikrofon: Seitliche Bohrungen an der Kapsel
Nicoguaro, CC BY 4.0, via Wikimedia Commons

Nahbesprechungseffekt

Werden Nierenmikrofone aus einer Entfernung von weniger als 30 cm „besprochen“, steigt bei der Übertragung der Bassanteil. In der Entfernung verlieren Nierenmikrofone oft im diffusen Klangfeld an Basswiedergabe und geben einen sehr silbrigen, dünnen Klang ab.

Kugelmikrofone behalten ihren Frequenzgang in allen Besprechungsentfernungen gleichmäßig bei

breite Niere

Bei der Richtcharakteristik “breite Niere” handelt es sich um einen modifizierten Durckgradientenempfänger, welcher, wie der Name vermuten lässt, im Polardiagramm breiter ist. Die Schallselektivität ähnelt hier der Charakteristik einer “Halbkugel”

Galak76, CC BY-SA 3.0, via Wikimedia Commons

Superniere

Die “Super Niere” ist das Gegenstück zur breiten Niere. Diese dämpft den seitlich einfallenden Schall stärker ab und erzeugt so mehr Richtwirkung. Nachteil: es entsteht eine Nebenkeule, die nach hinten gerichtet ist.

Galak76, CC BY-SA 3.0, via Wikimedia Commons

Acht

Die Charakteristik “Acht” ist eigentlich die Grundcharakteristik eines Druckgradientenempfängers. Der von vorn eintreffende Schall wird phasenrichtig wiedergegeben. Von hinten einfallender phasengedreht (invertiert). “Acht”-Mikrofone werden z. B. bei MS-Stereofonie oder XY-Stereofonie verwendet..

Galak76, CC BY-SA 3.0, via Wikimedia Commons

Keule

Keulenmikrofone sind die am stärksten gerichteten. Sie werden verwendet, wenn man eine Schallquelle isoliert aufnehmen will. Aufgrund der meist länglichen Bauart spricht man auch von einem Interferenzrohr.

Galak76, CC BY-SA 3.0, via Wikimedia Commons
Sennheiser MD66
Sennheiser MD66: Interferenzrohr